Das Nummernkonto by Christopher Reich

Das Nummernkonto by Christopher Reich

Autor:Christopher Reich
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
veröffentlicht: 2014-03-17T23:00:00+00:00


Kapitel 34

Marco Cerruti saß aufrecht im Bett. Sein Atem ging schnell und flach, und er war schweißüberströmt. Er knipste seine Nachttischlampe an und stand auf. Er brauchte ein Glas Wasser. Der kalte Steinboden im Badezimmer unter seinen Füßen erfrischte ihn und beruhigte seine Nerven. Er leerte zwei Gläser, dann beschloss er nachzuschauen, ob er die Fenster richtig geschlossen und die Aufzugtür abgesperrt hatte. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, ging er wieder ins Bett. Er starrte zur Decke. Seit mehreren Wochen hatte der Alptraum ihn nicht mehr heimgesucht. Seine Genesung hatte Fortschritte gemacht. Er hatte aufgehört, sich vor der Nacht zu fürchten. Seine Rückkehr zur Arbeit lag allmählich wieder im Bereich des Möglichen. Und dann hatte dieser Thorne begonnen, ihn zu besuchen.

Der Amerikaner jagte ihm Angst ein. Er stellte Fragen über Mevlevi, über den Generaldirektor, sogar über den jungen Neumann, den er doch nur ein einziges Mal gesehen hatte. Cerruti hatte alle Fragen höflich beantwortet. Natürlich hatte er gelogen, aber mit Diplomatie. Nein, er kannte keinen Mann namens Ali Mevlevi. Nein, er wusste von keinem Kunden der Bank mit dem Spitznamen Pascha. Ein Heroinlieferant für ganz Europa? Nein, mit solchen Leuten befasste die Bank sich nicht.

»Sie haben die moralische Verpflichtung, uns bei unseren Untersuchungen zu helfen«, hatte Thorne argumentiert. »Wenn Sie darauf bestehen, auch weiterhin zu schweigen, sind Sie genauso ein Verbrecher wie Mevlevi.«

Seltsam, dass Thorne sich nur wegen Mevlevis führender Rolle im Heroinhandel so aufgeregt hatte. Wusste er denn nichts von den Waffen? Cerruti war Major der schweizerischen Armee - beim Nachrichtendienst natürlich -, aber es war ihm bekannt, wie ein Bataillon leichter Infanterie gewöhnlich ausgerüstet war. Er hätte es niemals für möglich gehalten, dass ein Privatmann einen derart riesigen Vorrat an Waffen und Munition aufkaufen konnte, wie er ihn vor zwei Monaten im Compound des Paschas gesehen hatte: kistenweise Maschinengewehre, Munition, Pistolen, Granaten. Und das war nur der Kleinkram. Ihm waren mehrere Stinger Boden-Luftraketen, drei Panzerabwehrkanonen und mehrere Dutzend Mörser aufgefallen. Genug für einen abscheulichen kleinen Krieg.

Cerruti griff nach dem Glas Wasser auf seinem Nachttisch. Die Erinnerung an seinen letzten Besuch in Ali Mevlevis Compound in den Vorbergen oberhalb von Beirut führte unausweichlich zur Wurzel seiner Not, dem Grund seines psychischen Zusammenbruchs: Suleimans Becken.

In seinem ganzen Leben hatte er niemals etwas so Grauenhaftes gesehen. Schon die Erinnerung an den Geruch ließ ihn zusammenfahren. Der widerlich scharfe Geruch nach hundert finsteren Laboratorien. Er schloss die Augen und kämpfte gegen die Erinnerung an die bleichen Körper an, die in dem Becken trieben.

Wieder setzte Cerruti sich im Bett auf. Vielleicht hatte Thorne ja Recht. Vielleicht musste man Mevlevi wirklich das Handwerk legen. Die Waffen, das Becken und, wenn die Drogenfahndung sich nicht irrte, auch noch Heroin. Wie viele Beweise brauchte Cerruti noch, um zu erkennen, dass er es mit einem Ganoven zu tun hatte? Es gab ein Gesetz in der Schweiz, das genau für eine derartige Situation gedacht war. Wer konnte mit größerem Recht als ein Kunde bezeichnet werden, »dessen Aktivitäten den Bankangestellten zu illegalen Geschäftspraktiken veranlassten« als Ali Mevlevi?

Cerruti atmete tief durch.



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